Auszüge aus den Gedichten, Band Nr. 16 mit dem Titel

"ganz normale Tage"

sommerzeit
morgens
bemüdet
nach draussen

SOMMERZEIT

 

schon wach, obwohl erst vier uhr dreißig

denk ich, obwohl noch nicht ganz fit

soll ich zum zweiten mal dem schlafe mich ergeben

oder stattdessen einfach lesen

und schauen was passiert

 

glockengeläut der nahen kirche trifft mein ohr

und ich beginne mitzuzählen und wundre mich

die anzahl schläge stimmt nicht überein

mit dem was meine uhr mir spricht ins aug

natürallmoh es hat ja sommerzeit

 

kaum, dass der klang vergangen

vernehm ich in der ferne noch weit weg

geheul von einem motorrade

das zweifellos

der ton kündet davon

geschwindigkeit weit überhöht

natur und morgen malträtiert

doch plötzlich bricht es ab

ich riech verbranntes gummi auf asphalt

und seh im geist den raser in dem graben liegen

 

so dank ich gott

dass er mich ließ in meinem bette

aus mitleid mit mir armem sünder

den motorradbesitzer ganz allein hat hingestreckt

und mir ersparte

geschwind zur straße hin zu eilen

ein drahtseil quer zu spannen über diese

MORGENS

 

noch ruht der westerwald

verklebte augen suchen gülden licht

und wagen

den in weckende bewegung eingewebten

ersten blick zur uhr

bevor sich sonne überm first von gegenüber zeigt

und buchgeraschel mich beschützt

vor kaltem badgefliestem boden

an ungeschützten nackten sohlen

ohne halb erde und halb fuß

den krampf aus nächtgem wach gar nicht verhehlend

mich schützt vor kühlem nass auf meinem körper

und frische

die mich nur verletzen möchte

mich schützt vor dem alltäglich laut gedusel

das dringt aus radio und gänzlich in der welt

und einzig töten will die wohlgeformte ruhe

ach

wetter gleich mit werbung

kreischt man mir lauthals

hysterisch aufgestylt

ins ohr

Bemüdet


belebt im frühen

kaffee mit zigarette hilft mir stets

nicht reden müssen

lieber schweigen

gedanken sammeln für ein buch

eines von vielen, die ich schrieb

für mich allein

da niemand sie beachtet

was nicht so schlecht wie es erst scheint

da weitere erklärung sich erübrigt

 

wer will schon noch erklären

wir sehen, hören, ahnen

und sind des redens müde

auch weil wir keine worte finden

selbst niederschreiben uns ermattet

 

unendlich ist das leben

und jeder denkt sich seins

und will vom andern nichts mehr wissen

da alles fließt hinweg

ist nichtig

wenn auch da

in jedem herzen

ist fülle und trotzdem so leer

da bleibt nur flucht ins metaphysische

weil wir das leben niemals fassen werden

NACH DRAUSSEN

 

der schritt

vom küchentisch nach draußen

begleitet durch den schrei

den stuhlbein aus metall

auf boden aus sehr altem stein

uns schenkt

obwohl wir diese gabe nicht ersehnten

 

sodann ein dreh des schlüssels

der stets stecket in dem schlosse

das schlüsselende leicht gerundet

im gegensatz zu dem der türe vorn

am ring und braun beflaggt

 

er öffnet im verbund mit meinem druck

auf frühe golden klinke

den weg mir in die andre luft

und anderes geräusch

wie z b hummeln die sich nektar suchen

und pferde die mit ihren hufen

schlagen ans gebälk der kojen

 

mir ist es gleich

ob sonne oder regen

ich inhaliere tief des tabaks rauch

der sich in meinem körper weit verzweigt

man neidet mir das glühen

und die asche

die weiß und grau sich stets vergrößert

und versucht zu fallen

 

man schützt gesundheit vor

ich lasse mich nicht irritieren